Quantitative Sozialforschung
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Texte 51 bis 62

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Text Nr. 51

Märkte sind sozial eingebettet

Interessen sind nicht gegeben, sondern werden sozial konstruiert

Zwischen sozialen Strukturen und individuellem Handeln besteht ein Verhältnis wechselseitiger Kausalität

Handeln in sozialen Kontexten kann nichtantizipierbare Konsequenzen haben

Die doppelte Kontingenz des Handelns in sozialen Kontexten

Vorhersagen über soziale Entwicklungen können sich dadurch erfüllen (oder vereiteln), dass sie gemacht werden

Die "Paradoxie der Folgen" bei intentionalem Handeln in sozialen Kontexten


Text Nr. 52nach oben Andrea Maurer, Universität der Bundeswehr München

Ich denke, dass folgende Einsichten, Zugänge und Erkenntnisse fundamental sind:

  1. Soziale Strukturen und Prozesse als das Ergebnis individuellen Handelns zu fassen:  nicht schon aus funktionalen Erfordernissen auf soziale Institutionen schließen bzw. aus der individuellen Rationalität auf die kollektive.
  2. Wissenschaftliche Rationalität: Die Auswahl wissenschaftlicher Themen wertbezogen treffen, aber wissenschaftliche Analysen und Erklärungen dem Werturteilspostulat verpflichtet vornehmen.
  3. Moderne Gesellschaften  als kapitalistisch organisierte Gesellschaften  beschreiben: Gesellschaften oder auch Phänomene auf der Mesoebene als spezifische, wandelbare, sozial konstituierte institutionelle Arrangements zu analysieren und zu erklären - interdizsiplinäre Brücken zur Ökonomie, Geschichts- und Politikwissenschaft.
  4. Problematisieren und erklären zu können, warum 'schlechte Herrschaft', 'soziale Ungleichheitsstrukturen' und Machtverhältnisse so stabil sein können.

Text Nr. 53nach oben Jost Reinecke, Universität Bielefeld

  1. Die Erklärung von Makrophänomenen der Gesellschaft durch den Rückgriff auf die Mikroebene des individuellen Handelns. Die Ausformulierung des sogenannten Mikro-Makro-Modells soziologischer Erklärung erfolgte insbesondere durch James Coleman (Chicago) und Hartmut Esser (Mannheim).
  2. Die Differenzierung von Herrschaftstypen in charismatische, traditionelle und bürokratische Herrschaft durch Max Weber (Heidelberg).
  3. Die Kontrolle von unsystematischen Messfehlern durch die Differenzierung von Strukturebene und Messebene und die Formulierung von Korrespondenzhypothesen zwischen Theorie- und Messebene (Blalock und insbesondere Costner, 1968, 1969). Das Konzept ist die wissenschaftstheoretische Basis für die Formulierung von Strukturgleichungen, die in der empirischen Sozialforschung heute eine hohe Bedeutung zukommt.
  4. Die Studie "Die Arbeitslosen von Marienthal" durchgeführt von Paul F. Lazersfeld und Marie Jahoda. In der Studie werden für die Untersuchung des Phänomens der Massenarbeitslosigkeit eine sehr breite Palette von reaktiven und nicht-reaktiven Erhebungsmethoden verwendet. Die Studie wird bis heute in soziologischer Lehre und Forschung herangezogen.
  5. Die Bedeutung der verhaltenstheoretischen Soziologie von G. Homans für die erklärende Soziologie (auch als Gegenreaktion auf die funktionalistische Position von T. Parson) einschließlich seines Vortrages "Bringing Men back in" aus dem Jahre 1964.

Text Nr. 54nach oben

Erkenntnisse:

  1. Bildungsexpansion schafft nicht Gleichheit, sondern Ungleichheit, da sie mit einer Inflation der Zertifikate einhergeht (Bourdieu/Passeron).
    Dies ist eine wichtige kontra-intuitive Einsicht, die zugleich die generellen Möglichkeiten der Planung relativiert und auf evolutionäre Prozesse in der Gesellschaft verweist.
  2. Nur eine Reduktion von Komplexität schafft Ordnung. Nur wenn die Welt zunächst als Rauschen definiert und ausgeblendet wird, können selektiv Kontakte zu ihr hergestellt werden und Formen sozialer Ordnung sich reproduzieren.
    Es handelt sich hierbei um eine Einsicht der Kognitionspsychologie, die aber ebenso auf Netzwerke von Kommunikation und sozialer Interaktion angewendet werden können. Man muss dies nicht allein systemtheoretisch begreifen, sondern diese Einsicht liefert auch das Fundament für die Wichtigkeit von Institutionen (die ja ebenso Möglichkeitshorizonte einschränken) für das Funktionieren der Gesellschaft.

Text Nr. 55nach oben

  • Die Erweiterung des Tarumabegriffs und seine Nutzung zur Rahmung und Analyse von Problemen kollektiver Identität
  • Die Dekonstruktion der Unterscheidung performativer und konstativer Äußerungen durch Austin oder allgemeiner: der so genannte performativ turn in den Kulturwissenschaften
  • Die Kritik der Präsenzontologie durch Derridas Figur der differance, Sellars Kritik am Mythos des Gegebenen und daran anschließende Figuren der selbstbezüglichen Konstitution des Sozialen
  • Gehlens Begriff der Entlastung, Schütz Begriff der Typisierung, Luhmanns Figur der Komplexitätsreduktion und andere Varianten zur
  • Fassung von bounded rationality (Simon)
  • Die Bestimmung des Problems doppelter Kontingenz als allgemeinem Bezugsproblem der Soziologie

Text Nr. 56nach oben

  1. Die Humankapitaltheorie (und die empirischen Ergebnisse zu den Fragen der Bildungsbeteiligung und den Renditen auf dem Arbeitsmarkt, die zeigen, wie wichtig Bildung für Individuen und Gesellschaften sind).
  2. Die Sozialkapitaltheorie (also die Einsicht, dass sich Individuen an anderen Menschen orientieren und die vielen empirischen Ergebnisse zur Bedeutung von Sozialkapital in verschiedenen Bereichen wie wirtschaftliche Prosperität und Bildungserfolg).
  3. Die Bedeutung von Normen für die Verhaltenssteuerung von Individuen (z.B. die Fairnessnorm oder die Reziprozitätsnorm).
  4. Die Spezifizierung von Kooperationsproblemen und die Entwicklung von Lösungsvorschlägen (Spieltheorie).
  5. Die soziologischen Beiträge zu den Methoden der Datenerhebung und statistischen Auswertungsverfahren.

Text Nr. 57nach oben

Eine Erkenntnis halte ich für fundamental:

Der Mensch besitzt keine Instinkte, also keine arttypischen Verhaltensabläufe. Seine gesamte Existenz, erst recht sein Handeln, wird sozio-kulturell geregelt. Dies kann in Form sozialer Rahmung oder - strenger - in Form sozialer Normierung geschehen.


Text Nr. 58nach oben

Die Soziologie ist ungeachtet aller inneren Differenzierungen (Bindestrichssoziologie) nach wie vor ein kohärentes Wissenschaftssystem, das die gesamtgesellschaftlich orientierten Erkenntnisse mit den konkreten Politikformulierungen weiterhin verbindet.

Die Soziologie hat das gesamtgersellschaftlich orientierte kritische Potential noch nicht verloren, obwohl die gesellschaftliche Komplexität die differenzierte Theorie- und Praxishochheit begleitet.

Die "Globalisierung" gibt ein gutes Beispiel.


Text Nr. 59nach oben

Zentrale Erkenntnisse der Soziologie liegen in meinen Augen vor allem im Bereich der hier entwickelten (theoretischen) Modelle und Perspektiven auf Gesellschaft, dazu gehören für mich z.B.

  • die Perspektive des Sozialkonstruktivismus (Berger/ Luckmann etc.)
  • die Ansätze der poststruktalistischen Kulturtheorien (s. die Zusammenstellungen von Reckwitz)
  • die Bourdieuschen Modelle: Habitus, sozialer Raum etc.
  • die Konzepte Foucaults: Mikrophysik der  Macht, archäologische Diskurstheorie, Wissensordnungen
  • verschiedene Schattierung der Regulations-/ bzw. Governance-Theorien.

Text Nr. 60nach oben

  1. Soziale Konstruktion des Wissens und damit auch der Gesellschaft - Folge: Soziologisierung der Erkenntnistheorie
  2. Zusammenhänge von Religion und Wirtschaft (Protestantische Ethik)
  3. Funktionale Differenzierung (Modernisierungsprozess)
  4. Medien (Erfolgsmedien der Kommunikation - Parsons und Luhmann)
  5. Zusammenhänge zwischen Soziale Herkunft, Habitus, Status

Text Nr. 61nach oben

  1. Transnationale bzw. Transstaatliche Soziale Räume/Felder/Formationen: Durchbrechen des "Container" Denkens im Hinblick auf nationale Gesellschaften; Berücksichtigung von Mobilen und MigrantInnen als Akteuren/Agenten; Transnationalität als Lebensform
  2. Methodologischer Nationalismus: Methodologische Implikation des Konzepts Transstaatlicher Räume; multi-sited research als Alternative zu Container-Forschung
  3. "groupism": Überwindung essenzialistischer Denkformen im Hinblick auf kulturelle Gruppen
  4. Soziale Mechanismen: z.B. Pfadabhängigkeit, relative Deprivation, Ausbeutung, Chancenhortung

Text Nr.62nach oben

  1. Menschen machen (sich) ihre soziale Welt selbst,
  2. wenn auch nicht immer aus freien Stücken und
  3. wenn auch nicht immer wissentlich bzw. willentlich
  4. handelnd, sprechend, körperlich agierend und
  5. je nach Position im sozialen Raum mit unterschiedlicher Wirkmächtigkeit.

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